von Astrid von Menges
Geschichte · Natur · Städte und Burgen · Wissenschaft und Kultur
Geschichte Ostpreußens
Ureinwohner Ostpreußens waren die Prussen, baltische (nicht slawische) Stämme. Wegen ihrer Überfälle auf das schon christliche Polen rief im Jahr 1225 der polnische Herzog Konrad von Masowien den Deutschen Orden zu Hilfe. Nach der Bezwingung der Prussen wurde auf Initiative des Ordenshochmeisters Hermann von Salza der Ordensstaat auf dem Gebiet des nachmaligen Ost- und Westpreußen gegründet. Kaiser und Papst hatten dem Orden die zu gewinnenden Gebiete mit der Bulle von Rimini sowie der Bulle von Rieti zugestanden.
1255 wurde Königsberg gegründet, das seinen Namen nach König Ottokar II. von Böhmen erhielt, dem Anführer des Ordensheeres. Die Prussen vermischten sich erst langsam mit den aus Deutschland nachziehenden Neuankömmlingen, gaben aber dem Land ihren Namen, obwohl sie die Besiegten waren. Der Ordensstaat wurde schließlich 1410 durch die Niederlage bei Tannenberg gegen ein polnisch-litauisches Heer und die selbstbewusster werdenden Städte geschwächt. Im 2. Frieden von Thorn verlor der Orden das später Westpreußen genannte Gebiet und das Ermland. Eine polnische Oberhoheit über den östlichen Teil des Ordensstaates wurde jedoch weder vom Papst noch vom Orden je anerkannt.
Der letzte Hochmeister Albrecht von Brandenburg aus Ansbach beschloss, den restlichen Ordensstaat 1525 in ein säkulares Herzogtum umzuwandeln und auf den Rat Martin Luthers zugleich die Reformation einzuführen. Er musste allerdings den Treueeid auf den polnischen König ablegen. 1618 wurde das Herzogtum Preußen durch Erbfolge mit Brandenburg vereint. Der Große Kurfürst beendete schließlich 1657 die polnische Lehenshoheit. Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg krönte sich 1701 zum König in Preußen. Damit ging auch der Name Preußen auf den Gesamtstaat über.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war das Land infolge der Pest stark entvölkert, so dass der Zuzug von 15.000 evangelischen Salzburgern, die 1732 ihre Heimat aus Glaubensgründen verlassen mussten, sehr willkommen war. Ostpreußen hat ohnehin immer wieder Neusiedler unterschiedlicher Herkunft aufgenommen. Nach der Wiedereingliederung des Ermlandes wurde aus dem östlichen Teil des alten Preußenlandes 1772 die Provinz Ostpreußen. Im Krieg gegen Napoleon war Ostpreußen letzte Bastion Preußens.
Standbild: Herzog Albrecht
Memel, der „Ännchen"-Brunnen
mit Plakette für Simon Dach,
den Verfasser des Ännchen-von-Tharau-Liedes
Tilsit, Standbild Königin Luise
Nach den Befreiungskriegen folgte eine lange Zeit des Friedens, bevor die Provinz zum Kriegsschauplatz im 1. Weltkrieg wurde. Jedoch konnte das Land von den bereits eingedrungenen Russen in der Schlacht bei Tannenberg befreit werden. Im Versailler Vertrag wurde das Memelland von Ostpreußen getrennt, und mit der Errichtung des „Korridors" verlor die Provinz ihre Landverbindung zum Reich.
Das Ende des 2. Weltkrieges öffnete das grausamste Kapitel in der 700jährigen Geschichte Ostpreußens. Die meisten der ca. 2,5 Millionen Bewohner flohen vor der einrückenden Roten Armee, kamen ums Leben, wurden verschleppt oder in den folgenden Jahren vertrieben bzw. ausgesiedelt. Das stark zerstörte Ostpreußen wurde zunächst zwischen der Sowjetunion und Polen aufgeteilt. Der nördliche Teil war bis zur politischen Wende militärisches Sperrgebiet.
Nach der Wende und dem Zerfall der Sowjetunion verblieb das Memelland bei dem inzwischen wieder selbständig gewordenen Litauen, so dass das alte Ostpreußen nun dreigeteilt ist. Die Polen und Litauen zugeschlagenen Teile gehören zum EU-Gebiet und haben sich inzwischen wieder relativ gut entwickelt. Im russischen Teil hat Königsberg zur 750-Jahrfeier einen großen Schritt nach vorn getan, während das ländliche Gebiet weiterhin ein Stiefkind der Entwicklung ist. Viele alte Ostpreußen haben aus Heimatliebe beim Wiederaufbau geholfen.
Pastellkreide von Erica Durban · 1985
Natur ↑
Die ostpreußische Landschaft weist eine typische Besonderheit auf: Vor der Ostseeküste zieht sich im Süden die Frische Nehrung dahin, eine langgestreckte Landzunge, getrennt durch das Frische Haff vom Festland, im Norden sind es die Kurische Nehrung und das Kurische Haff. Insbesondere die Kurische Nehrung ist von großer landschaftlicher Schönheit. Dort ist die weltberühmte Vogelwarte Rossitten zu Hause.
Zwischen diesen beiden Naturphänomenen liegt die Samlandküste mit Palmnicken, wo im näheren oder ferneren Umkreis vermutlich über 90 % der weltweiten Bernsteinvorräte lagern.
Bernsteintagebau in Palmnicken
Bekannte Ostseebäder wie Cranz und Rauschen reihen sich an der Küste auf und sind auch heute wieder begehrte Urlaubsorte.
Der südliche Teil Ostpreußens, Masuren, ist das Land der „dunklen Wälder und kristallnen Seen", wie es im Ostpreußenlied besungen wird.
Ostseebad Cranz
Ja und was wäre Ostpreußen ohne seine unendlich vielen Störche, manch einen Elch und insbesondere edle Pferde – das ostpreußische Warmblutpferd oder die früher aus dem Landgestüt Trakehnen kommenden Trakehner Pferde. Diese Pferdezucht wird auch heute noch in Deutschland fortgeführt, aber auch in dem im nördlichen Ostpreußen liegenden Georgenburg.
Mit seinen durch Jahrhunderte kultivierten Böden war die Provinz die Kornkammer Deutschlands. Die Rominter Heide galt als ein renommiertes Jagdgebiet.
Elchdenkmal in Gumbinnen
Städte und Burgen ↑
Das Schloß zu Königsberg
Blick von der Kantstraße
Der Deutsche Orden gründete bereits zahlreiche Städte wie Königsberg, Elbing, Braunsberg, Frauenburg. Die meisten von ihnen atmeten das Fluidum von Hansestädten und waren wie gerade Königsberg weltoffene Bürgermetropolen. Insbesondere die gotischen Kirchen und Dome waren und sind teilweise heute noch von großer architektonischer Schönheit und Berühmtheit. Stellvertretend für viele seien der wieder erstandene Königsberger und der Frauenburger Dom genannt. Auch viele großartige Burganlagen prägten und prägen das Land. Sehr viele berühmte Schlösser aus der Zeit des Barock und der Renaissance, aber auch noch aus der Gotik, gehören ebenso in die ostpreußische Landschaft.
– Frauenburg –
Blick vom Glockenturm
auf Dom, Stadt und Haff
Die Neue Universität
Wissenschaft und Kultur ↑
Die Königsberger Universität, gegründet 1544, ist eine der ältesten in Europa. Sie besteht immer noch. An ihr lehrte Immanuel Kant, der die heute noch gültigen Grundlagen der abendländischen Philosophie entwickelt hat. Ein anderer weltbekannter Landsmann ist Nikolaus Kopernikus, Domherr in Frauenburg, der die Sonne als Mittelpunkt des Planetensystems entdeckte. Nicht weniger als drei ostpreußische Naturwissenschaftler wurden mit dem Nobelpreis ausgezeichnet: Emil von Behring, der Entdecker des Diphterie-Serums, der Physiker Wilhelm Wien, dessen Arbeiten die Grundlage für die Raumfahrt schufen, sowie Fritz Albert Lippmann, der Erforscher der Fermente.
Immanuel Kant als Magister nach der
Original-Zeichnung der Gräfin Caroline
Charlotte Amalie von Keyserlingk · 1758
Kant auf seinem Spaziergang
Kantmausoleum an der Außenwand des Domes
Westseite des Königsberger Domes
Auch eine ganze Reihe bedeutender Künstler hat Ostpreußen hervorgebracht: Johann Gottfried Herder, den Mentor Goethes, das Universalgenie E.T.A. Hoffmann sowie die Dichterin Agnes Miegel, den Schriftsteller Ernst Wiechert und viele andere mehr.
E.T.A. Hoffmann
Johann Gottfried Herder
Agnes Miegel
In der Malerei ist besonders Lovis Corinth zu nennen, in der Bildhauerei Käthe Kollwitz.
Ernst Wiechert
Lovis Corinth
Käthe Kollwitz
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